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Produkte und Produktionsanlagen zeitgleich planen und bauen

Digital Engineering verkürzt nicht nur Entwicklungszeiten, sondern reduziert Kosten und sorgt für ausgereiftere Konstruktionen. Zudem ist es Voraussetzung für die zukünftig sich selbst steuernde, vernetzte Produktion. © Dirk MahlerFür den Spezialchemiekonzern LANXESS und viele weitere Unternehmen haben Fraunhofer-Forscher in Rekordzeit neue Produktionsanlagen entwickelt und gebaut. Durch die Methode des Digital Engineering können Forschung und Entwicklung für die Planung von Produkten und Fertigung zeitlich parallel laufen. Auf der Hannover Messe vom 7. bis 11. April (Halle 2, Stand D18) erfahren die Besucher, wie dies funktioniert.

Anfang 2010 hatte sich LANXESS entschieden, in ein neues Geschäftsfeld bei der Wasseraufbereitung einzusteigen: Bis zum Herbst 2011 sollte eine Produktionsstätte für Membran-Filterelemente der Marke Lewabrane für die Umkehrosmose entstehen. Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg haben gemeinsam mit Experten des Unternehmens in nur neun Monaten die Produktionstechnologie konzipiert und zur Fertigungsreife gebracht.

Eine zweite, durchgehend vollautomatische und daher komplexere Anlage bauten sie anschließend in nur einem Jahr auf. Ein Teil dieser Anlage ist erstmals – in kleinem Maßstab – auf dem Messestand in Hannover zu sehen.

Entwicklung und Funktionstests laufen parallel

Besonders mittelständische Firmen, die kleine Serien und Unikate produzieren, profitieren von den Vorteilen des Digital Engineerings: stark verkürzte Entwicklungszeiten, reduzierte Kosten und ausgereiftere Konstruktionen. Die IFF-Forscher haben sich das Ziel gesetzt, Maschinenbauer zu befähigen, diese Methode in ihren Betrieben einzusetzen.

»Den bisher üblichen Workflow beim Entwickeln und Umsetzen von beispielsweise Sondermaschinen haben wir umgestellt«, erklärt Prof. Dr. Ulrich Schmucker, Leiter des Geschäftsfelds Virtual Engineering am IFF. »Bisher beginnen die Konstrukteure, dann kommen Elektrotechniker dazu, später Programmierer und schließlich die Inbetriebzunehmenden. Mit unserer neuen Methode arbeiten alle von Anfang an zusammen. Die Programmierer können bereits mit der Softwareentwicklung beginnen, bevor es die Maschine gibt. Üblicherweise erfolgt dieser Schritt erst zum Schluss, wenn die Anlage fertig gebaut und angeschlossen ist.« Das ist möglich, da sowohl das künftige Produkt als auch jeder einzelne Prozessschritt am Rechner simuliert werden können. Die Forscher verknüpfen dazu alle zur Verfügung stehenden digitalen Daten.

Kostengünstig zum Unikat

»Je nach Bedarf der Kunden entwickeln wir speziell zugeschnittene Lösungen«, betont Schmucker. Vor allem im Sondermaschinenbau und bei geringen Stückzahlen lohnt sich die Entwurfsmethode des IFF. Mittelständler wie die Firma SM Calvörde, die unter anderem im Schienenfahrzeugbau tätig ist, die Schiess AG, die Werkzeugmaschinen herstellt oder die AEM – Anhaltische Elektromotorenwerk Dessau GmbH, die Großgeneratoren produziert und viele weitere haben bereits erfolgreich Anlagen mit Fraunhofer umgesetzt. Finanziert wurden die Forschungsarbeiten vom Land Sachsen-Anhalt, durch Eigenmittel und durch Industrieprojekte.

Schmucker erklärt das System am Messeexponat: »Die Maschine bewegt sich virtuell hier auf dem Bildschirm an der Wand genau so, wie dieses darunter stehende Modell der realen Anlage. Das Besondere ist: Hier auf dem Screen läuft kein Film, sondern die virtuelle Anlage. Sie wird von der orginalen Steuerung betrieben, also exakt mit der gleichen Steuerung, wie beispielsweise in der Bitterfelder Produktionsanlage für Membrantechnologie von LANXESS.«

Wartung, Reparatur und Schulungen

»Die Daten aus dem Entwicklungsprozess verwenden wir nicht nur für Planung und Bau, sondern auch für Wartung, Reparatur und Schulung«, beschreibt Schmucker weitere Vorteile des Systems. »Ein Beispiel: Die Maschine steht still, ein Sensor ist verrutscht. Aber welcher der 800 eingebauten Sensoren funktioniert nicht? Der Techniker erkennt auf seinem Tablet-PC sofort, wo der Fehler liegt und kann direkt ein Ersatzteil bestellen. Das ist möglich, weil alle vorhandenen Daten rund um die Maschine digital zur Verfügung stehen.«

Auch Schulungen des Bedienpersonals können bereits starten, bevor die Anlage existiert – und zwar ebenfalls an der realen Steuerung. Die künftigen Nutzer trainieren die Bedienung an den virtuellen Anlage am Institut oder beim Unternehmen. Die Bedienungsoberfläche ist dabei identisch mit der künftigen Maschine. Nur bewegt sich statt der Maschinen die virtuelle Nachbildung der Anlage auf dem Bildschirm.

www.fraunhofer.de

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