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Additive Fertigung in der Metallbearbeitung

Nachdem vor zwei Jahren auf der EMO bereits zwei große Hallen für die additive Fertigung (AM) reserviert waren, so kamen zur diesjährigen Ausgabe der Messe in Hannover sogar noch mehr Aussteller dieses Fertigungszweiges. Der Werkzeugmaschinenbau ist einer der Bereiche, welche zukünftig durch additive Herstellungsverfahren mit die größten Umbrüche erleben. Wir geben einen kleinen Abriss der Neuerungen und Messehighlights. Von Sabine Slaughter

Der Markt im Bereich der Werkzeugmaschinen scheint sich zu verlangsamen, erklärte Dr. Roland Feichtl, Präsident von Cecimo, der europäischen Vereinigung der Werkzeugmaschinenindustrie und verwandter Herstellungsverfahren auf der EMO in seiner Keynote. Dieses sei zum Teil den zunehmenden Schwierigkeiten in der internationalen politischen Szene zuzuschreiben. Die Cecimo-Fertigungsunternehmen verbesserten jedoch ihre Produktivität durch kontinuierliche Investitionen in fortschrittliche digitale Systeme und hochinnovative Technologien, „auch wenn die wirtschaftlichen Perspektiven unklar erscheinen“.
Noch vor Ende des Jahres werde die additive Fertigung auf europäischer Ebene im Mittelpunkt stehen. Die Europäische Kommission sollte in Kürze eine neue Studie und Leitlinien zu geistigen Eigentumsrechten und Produkthaftung veröffentlichen, um die Debatte über einige wichtige Aspekte wie Qualitätsstandards und den Unterschied zwischen Business to Business und Business to Consumer wieder in Gang zu bringen. CECIMO werde sich an die politischen Entscheidungsträger wenden, um zu vermeiden, dass der Sektor mit unnötigen Vorschriften belastet wird. Dieses erklärte Stewart Lane, Vorsitzender Cecimo-Ausschuss für Additive Herstellung auf der EMO. Er bemerkte, dass "die Debatte über den AM-Sektor nach wie vor sehr aktiv ist und die politischen Entscheidungsträger der EU ein unterstützendes und flexibles Regelwerk aufstellen müssen, wenn sie die Führung des AM-Sektors in Europa behalten wollen".
Der EL-102 von Evo-Tech erregte viel Aufmerksamkeit auf der EMO.Evo-Tech
Das österreichische Unternehmen brachte sowohl den EL-11 wie auch EL-102 mit nach Hannover. Letzterer kann mit elf unterschiedlichen technischen Kunststoffen, alle von Evo-Tech entwickelt, sowohl individuelle wie auch additive Serienfertigung von Produkten unterstützen. Linearachsen mit Kugelumlaufspindeln sorgen für höchste Genauigkeit. Filamenttrocknung unterstützt Reproduzierbarkeit und Prozessstabilität wobei Übertrocknung mittels eines Sensors vermieden wird. Eine Wasserkühlung ist ebenfalls integriert. Zwei in einer Achse und abhängige Düsen inklusive Reinigungsstation sorgen für ein hochqualitatives Druckbild. Bei jedem Düsenwechsel, die Düsen können bis zu 420°C aushalten, wird automatisch die gesamte Schmelzzone mitgewechselt, wodurch es zu keiner Vermischung der Materialien kommen kann. Bauteile bis zu 500 x 400 x 510 Millimeter lassen sich so drucken. Unter den möglichen Drucksubstraten befinden sich unter anderem auch lebensmitteltaugliche Polymere für den Einsatz in der Verarbeitung und Verpackung, elektrostatisch dissipative (energieaufnehmende) Kunststoffe für die Elektronikindustrie sowie ASA (Acrylester-Styrol-Acrylnitril), welches eine hohe UV- und witterungsbeständigkeit im Außenbereich aufweist.
Ein neuartiger FMP-Prozess (Filament Metal Printing), welcher auf dem MIM beziehungsweise PIM-Prozess aufbaut wurde für die Fertigung von Metall- und Kunststoffbauteilen auf derselben Maschine entwickelt. Dabei wird unter Verwendung von metallgefüllten Filamenten ein Grünteil gedruckt. Anschließend wird dieses entbindert und gesintert wodurch ein reines Metallbauteil entsteht.
GF Machining Solutions
Das schweizer Unternehmen hat auf der EMO einen neuen Look seiner Lösungen vorgestellt. Hierzu gehört auch der DMP Flex 350, gemeinsam mit 3D Systems entwickelt, zeichnet sich durch hohe Wiederholgenauigkeit, die für die Herstellung gleichbleibend hochwertiger Teile unerlässlich ist, aus. Die Maschine liefert beim Drucken die reinste Atmosphäre: Eine konstant sauerstoffarme Umgebung (weniger als 25 Teile pro Million). Diese Lösung gewährleistet hervorragende Mikrostrukturen und eine sehr hohe Dichte. Seine wiederholbaren, stabilen mechanischen Eigenschaften geben dem Anwender die Sicherheit, dass er eine gleichbleibende Genauigkeit von Auftrag zu Auftrag erreicht. Der 3D-Metalldruck mit hohem Durchsatz wird durch die schnelle, bidirektionale Materialbeschichtung der Lösung gewährleistet. Gleichzeitig wird die Produktivität der Anwender durch eine hohe Druckernutzung und kurze Umrüstzeiten gesteigert. Die Produktivität wird durch optimierte Scan-Strategien weiter maximiert. Der DMP Flex 350 ist eine robuste, flexible 3D-Metalldrucklösung für die 24/7-Produktion von Teilen bis zu einer Größe von 275 x 275 x 380 Millimeter und aus den anspruchsvollsten Legierungen. Laut Hersteller ist die Maschine Ideal für Anwendungsentwicklung, Produktion sowie Forschung und Entwicklung.
Das Unternehmen stellte die neue horizontale, schnelle Drahterosionslösung AgieCharmilles CUT AM 500 vor. Diese schnelle, präzise und automatisierungsfähige Maschine ist für die Metallzusatzfertigung (AM) bestimmt wobei die geometrische Genauigkeit erhalten bleibt und die Montagebereitschaft gewährleistet ist. Es ist eine schnelle, präzise und automatisierungsfähige Alternative zur Verwendung von Standard-Erodieren oder einer Bandsäge, um additiv gefertigte Teile von der Bauplatte zu trennen. Der CUT AM 500 ergänzt die skalierbaren, workflow-optimierten 3D-Metalldrucklösungen DMP Factory 500, DMP Flex 350 und DMP Factory 350 von GF Machining Solutions und 3D Systems.
Bereits eine Vorschau konnten Besucher auf den neuen AgieCharmilles CUT P 550 Pro, der Mitte 2020 auf den Markt kommen soll. Diese beinhaltet eine neue Mensch-Maschine-Schnittelle (HMI) welche intuitive Bedienung und Maschinenprogrammierung sowie Flexibilität verspricht. Die neue Spark Track-Technologie des Unternehmens soll für einen Durchbruch bei der Überwachung der Funkenverteilung entlang des Drahtes durch Drahterodieren sorgen. Ein intelligentes Funkenschutz System (ISPS) soll den Prozess sicherer, effizienter und einfacher machen und Drahtbruch vermeiden.
Unter dem Motto „Leidenschaft für Bildung“ präsentierte zudem die GF Machining Solutions Academy neue Trainingsmodule und On-Demand-Lösungen für den Wissenstransfer am Stand des Herstellers.
Mit dem Lasertec 65 3D-hybrid Drucker gefertigtes Produkt.Trumpf
Das Unternehmen demonstrierte wie additive Fertigungsmethoden die Fertigung von hitzebeständigen Materialien verbessert. Diese bestehen oft aus der Nickelbasislegierung Inconel. Das Material hält Temperaturen von bis zu 1000 Grad stand, ohne sich zu verziehen. Zum Einsatz kommt der Werkstoff zum Beispiel bei Gasturbinen, Verbrennungsmotoren oder Heizgeräten. Allerdings lässt sich Inconel mit konventionellen Verfahren nur mühsam bearbeiten. Fräswerkzeuge bleiben darin oft stecken, brechen ab oder werden stumpf. Auf der EMO 2019 präsentierte TRUMPF, wie sich Bauteile aus Inconel mit additiver Herstellung schneller, günstiger und in besserer Qualität herstellen lassen.
Gegenüber spanenden Verfahren wie Fräsen oder Drehen verschwendet ein 3D-Drucker kein Material, da er nur so viel Pulver aufschmilzt, wie es das Bauteil erfordert. Manuelle Nacharbeit ist kaum nötig, wodurch die Werkzeugkosten erheblich sinken. Außerdem wird durch AM eine bessere Qualität erzielt, da sich komplexe Formen einfach umsetzen lassen. Innenliegende Kühlkanäle, weche die Leistung und Lebensdauer der Bauteile steigern, lassen sich einfach herstellen, so Trumpf. Es ist eines der wenigen Unternehmen, welches die Nachbearbeitung von gedruckten Produkten auch inline anbietet.
„Hitzebeständige Materialien spielen in vielen industriellen Branchen eine tragende Rolle, etwa in der Luft- und Raumfahrt oder in der Energiebranche. Mit unseren Anwendungsbeispielen auf der EMO möchten wir Unternehmen aus diesen Bereichen sowie Job-Shops dazu ermutigen, in die Technologie einzusteigen“, sagte Volkan Düğmeci, Mitarbeiter im Branchenmanagement für Luft- und Raumfahrt bei TRUMPF Additive Manufacturing. Der 3D-Drucker TruPrint 3000, den TRUMPF auf der EMO präsentierte, eignet sich optimal für klassische Anwendungen aus Inconel. Im 40 Zentimeter hohen und 30 Zentimeter breiten zylinderförmigen Bauraum lassen sich mehrere Teile gleichzeitig fertigen. Außerdem verfügt die Anlage über Lösungen zur automatischen Qualitätssicherung, etwa Powder Bed Monitoring oder Melt Pool Monitoring. „In Branchen mit hohen Sicherheitsvorschriften wie der Luft- und Raumfahrt ist das ein wichtiger Mehrwert“, sagte Düğmeci.
Trumpf zeigte unter anderem beispielsweise ein additiv gefertiges Laufrad für Gaskompressoren aus Inconel. Die konventionelle Fertigung dauere acht Tage und verschlinge hohe Werkzeugkosten, so das Unternehmen. Zudem fallen 80 Prozent Makulatur an. Beim additiven Fertigungsprozess von Trumpf würden diese negativen Varianten auf eine Herstellungszeit von vier Tagen inklusive Nacharbeit reduziert wobei drei Laufräder gleichzeitig auf einer Plattform gefertigt würden. Der Materialverlust reduziere sich dabei auf 20 Prozent. Der gedruckte Gaskompressor verfüge über die gleiche Qualität wie das Original.
Additiv gefertiges Teil mit Vibenite 290 am Stand von VBM Components.VBM Components
Das schwedische Unternehmen brachte den derzeit, nach eigener Aussage, härtesten Stahl mit: Vibenite 290, welcher einen Härtungsgrad von 72 HRC (940-1100 HV) hat. Dieses Material für additive Fertigung hat damit sehr hitze- und reibungsbeständige Eigenschaften, welche zu außergewöhnlicher Härte und Belastbarkeit führen. Damit ist es ideal unter anderem für Walzfräs- sowie Trockenfräsanwendungen.
Renishaw
Das vier-Laser-System RenAM 500Q für die additive Fertigung von Metallteilen war am AM-Stand des Unternehmens zu finden. Das optische System und die Steuerungssoftware sorgen bei der Maschine dafür das Laserstrahlen über vier Kanäle in der System gelangen, wo sie dynamisch fokussiert und in eine einzige, thermisch gesteuerte Galvanometerhalterung geleitet werden. Diese hat vier Paar digital gesteuerte Führungsspiegel, welche die Laser so führen, dass der gesamte Arbeitsbereich des Pulverbettes abgedeckt wird. „Die additiven Fertigungsmaschinen und optischen Systeme von Renishaw werden im eigenen Haus entwickelt, konstruiert und hergestellt, so dass wir eine außergewöhnliche Kontrolle über die Systemleistung haben", erklärt Robin Weston, Marketing Manager bei Renishaws Additive Manufacturing Products Division. „Durch ein innovatives Design des optischen Systems und die Integration digitaler Steuerungen und dynamischer Fokussierung können alle vier Laser gleichzeitig das Pulverbett ansprechen - was die Geschwindigkeit, Produktivität und Leistungsfähigkeit der Maschine verbessert."
Das System baut auf den Sicherheits- und Benutzerfreundlichkeitsmerkmalen des Einzellasers RenAM 500M auf und beinhaltet zwei SafeChange Filter mit automatischer Umstellung, um manuelle Eingriffe zu minimieren. Zusätzliche Studien haben gezeigt, dass der Pulverzustand für eine maximale Wiederverwendung erhalten bleibt, was die Teilekosten weiter reduziert.

 

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