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Renommierter „Technik-Oscar“ geht an drei ehemalige Saarbrücker Informatik-Doktoranden

Die „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“ verleiht nicht nur Schauspielern und Filmemachern die als „Oscar“ bekannte Auszeichnung, auch für technische Verdienste werden Oscars vergeben. In diesem Jahr werden die Grundlagenforschung und die technische Entwicklung der „Intel Embree Ray Tracing Library“ prämiert. Drei der Preisträger haben bei Philipp Slusallek an der Universität des Saarlandes promoviert. Der Uni-Professor und DFKI-Forscher hat die preisgekrönte Ray-Tracing-Technologie in den letzten zwei Jahrzehnten wesentlich vorangetrieben. Heute liefert diese vielen Hollywood-Filmen und Computerspielen die perfekten Bilder und ist seit kurzem zudem in fast allen Grafikprozessoren zu finden.

Bei der virtuellen Preisverleihung am 13. Februar werden Sven Woop, Carsten Benthin und Ingo Wald den „Technik-Oscar“ entgegennehmen. Alle drei haben vor über einem Jahrzehnt an der Universität des Saarlandes zum Thema Ray-Tracing promoviert. Gemeinsam mit Attila T. Áfra und Manfred Ernst werden sie dafür ausgezeichnet, dass sie die „Intel Embree Ray Tracing Library“ mitentwickelt oder vorbereitend dazu geforscht haben. Dies ist eine Software-Bibliothek, die von Intel hauptsächlich für die eigenen Prozessoren (CPUs) entwickelt wird, aber als Open Source-Plattform weltweit für alle Filmproduzenten und anderen Anwendungen frei zugänglich ist. Sie wird insbesondere genutzt, um Animationsfilme und virtuelle Spielwelten möglichst realistisch aussehen zu lassen. Zum Einsatz kam sie beispielweise bei internationalen Kino-Hits wie Lego Batman, Spider Man und The Grinch sowie in dem Computerspiel Cyberpunk 2077.

„Bei Trickfilmen oder virtuellen Rollenspielen kommt es darauf an, Oberflächen mit all ihren Schattierungen und Reflexionen korrekt abzubilden. Auch muss in jeder Szene neu berechnet werden, welche Objekte für den Betrachter sichtbar sind und wie sich der Lichteinfall bei einer Bewegung verändert“, erläutert Philipp Slusallek, der als Computergrafik-Professor der Saar-Universität mit seinem Team die dafür grundlegende Ray-Tracing-Technologie maßgeblich entwickelt hat. Im Jahr 2001 veröffentlichte er gemeinsam mit Ingo Wald und Carsten Benthin eine erste wissenschaftliche Publikation zum Thema „Interactive Rendering with Coherent Ray Tracing". In den folgenden zwei Jahrzehnten arbeiteten Saarbrücker Forscher an dem Thema weiter und konnten allein in den vergangenen beiden Jahren vier Publikationen dazu auf der weltweit größten Computergrafik-Konferenz, der Siggraph in Los Angeles, präsentieren.

Bereits 2003 gründeten die aktuellen Oscar-Preisträger zusammen mit Professor Slusallek die Firma „inTrace“, die das Ray-Tracing-Verfahren anfangs an die Automobilindustrie vermarktete. „Damit konnten erstmals die verschiedenen Varianten einer Innenausstattung von Fahrzeugen fotorealistisch simuliert werden“, erläutert Slusallek. Durch die hohe Rechenleistung, die das Ray-Tracing-Verfahren den Computern abverlangt, wurde der Chiphersteller Intel auf die Saarbrücker Forscher aufmerksam. Mit 12 Millionen Dollar förderte das Unternehmen im Jahr 2009 den Aufbau eines Intel Visual Computing Institute an der Saar-Universität – und warb die drei Nachwuchsforscher Carsten Benthin, Sven Woop und Ingo Wald von der Firma inTrace ab. Die beiden erstgenannten Saarländer blieben nach einem Ausflug in die USA ihrer Heimat aber treu und bauten von Saarbrücken aus die „Intel Embree Ray Tracing Library“ auf. Ingo Wald ging in die USA und wechselte 2018 nach einem Jahrzehnt bei Intel zum Konkurrenten Nvidia, wo er heute federführend an deren Ray-Tracing-Technologie mitarbeitet.

Philipp Slusallek setzt heute das Verfahren für vielfältige Anwendungen am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken ein, wo er inzwischen auch geschäftsführender Direktor ist. „Wir nutzen Real-Time Ray Tracing heute unter anderem auch dazu, um sehr schnell synthetische Sensordaten zu erzeugen, mit denen KI-Systeme trainiert und validiert werden können. Das Verfahren wird aber auch für die Radarsimulation verwendet, die beim Autonomen Fahren eine wichtige Rolle spielt. Zudem können Tageslichtsysteme in der Architektur damit optimiert werden", erklärt Professor Slusallek.

Aus Saarbrücken kommen aber auch noch andere Entwicklungen für die Filmindustrie, wie zum Beispiel moderne Ansätze für die Beleuchtungssimulation. Der am Lehrstuhl von Professor Slusallek entwickelte VCM-Algorithmus wird heute in fast allen Rendering-Programmen der Filmindustrie eingesetzt, wie etwa Pixar's RenderMan oder V-Ray. „Damit können die Lichtverhältnisse in Animationsfilmen schnell und naturgetreu simuliert werden, so dass zum Beispiel sich spiegelnde Oberflächen oder der Schattenwurf von Kleidungsstücken und Haaren äußerst realistisch wirken“, erläutert der Computergrafik-Professor. Für das Ray-Tracing, das für die Simulation sehr schnell sein muss, setzt der Algorithmus dabei häufig auf die jetzt preisgekrönte Embree-Bibliothek von Intel auf, die Slusalleks ehemalige Doktoranden entwickelt haben.

Der Forscher zeigt sich zudem erfreut darüber, dass eine Siggraph-Publikation zur Ray-Tracing-Hardware aus dem Jahr 2005 den Weg dafür bereitet hat, dass diese Technologie heute in fast jedem verkauften Grafikprozessor integriert ist, seit 2018 bereits bei Nvidia-Prozessoren, bei AMD und Intel ab diesem Jahr. „Ich denke, man kann schon sagen, dass wir aus Saarbrücken heraus die Computerwelt ein kleines bisschen vorangebracht haben", sagt Slusallek nicht ohne Stolz.
www.uni-saarland.de

 

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